Modul 16 |
Involvierte Professionalisierung
Involvierte Professionalisierung
#Hegemonie #Gramsci, #Involviertheit #Positionalität #veränderndePraxis #BeutelsbacherKonsens #Neutralitätsgebot #VonDerUnmöglichkeitNeutralenWissens
Mit dem Modul „Involvierte Professionalisierung“ wird das Bewusstsein für die Involviertheit der eigenen Lehrpersönlichkeit in den Lernraum und die umgebenden gesellschaftlichen Verhältnisse geschärft. Anhand von Antonio Gramscis (1994) Analyse der Verbundenheit von hegemonialen und pädagogischen Verhältnissen, geht es darum, sich eine Positionierung zu erarbeiten, die keine Angst davor hat, sich in heiklen Situationen einzubringen und gesellschaftliche Machtverhältnisse im Klassenraum nicht reproduziert, sondern diese problematisiert – im Sinne eines Raums, der demokratische Sprecher*innenpositionen ermöglicht und fördert.
- Theorie
- Aufgabe & Reflexion
- Weitere Informationen
„Auf welcher Seite stehen wir, wenn wir erziehen und unterrichten, wenn wir handeln?“ (Mayo, 2006, S. 20)
Hinsichtlich des Diskurses inwiefern wir uns im Rahmen pädagogischen Handelns verorten, werden zwei Fragen aufgerufen: Zum einen die Frage danach, als wer und von wo aus wir eigentlich (pädagogisch) denken, sprechen und handeln und zum anderen wird die Annahme in Frage gestellt, als Lehrkraft vollkommen neutral in Bildungssituationen sprechen und handeln zu können.
Das hier vorangestellte Zitat Peter Mayos provoziert und fordert ein Infragestellen dessen, was als neutral bestimmt wird. Dieser formuliert hier in Anlehnung an seine Auseinandersetzungen mit Antonio Gramsci die Unmöglichkeit neutralen Wissens, das in der (Berufs)schule produziert und vermittelt wird. Nach Gramsci können nämlich Produktion, Aneignung und die Vermittlung von Wissen nie neutral sein. Somit sind Wissen und Lernen immer Bestandteile hegemonialer Machtverhältnisse und tragen als solche einen wesentlichen Anteil zu der Bildung von Hegemonie und deren Aufrechterhaltung bei. Dabei re-produzieren Wissens- und Lernprozesse immer ein zeitspezifisches und kulturhistorisches Wissen. Neben Gramsci haben zahlreiche Erziehungs-, Politik,- und Kulturwissenschaftler*innen und Philosoph*innen des 20. und 21. Jahrhunderts (u.a. Althusser, Butler, Foucault, Spivak, Bourdieu, Thompson,) darauf hingewiesen, dass Individuen ein untrennbarer Teil der Verhältnisse sind, in denen sie aufwachsen, in die Schule gehen, einen Beruf erlernen und vieles mehr. Sprechend und handelnd (aushandelnd) schalten Individuen sich in die Verhältnisse ein, bewegen sich in diesen, sind von ihnen geprägt und prägen sie zugleich mit.
Im Zusammenhang mit der eingangs aufgeworfenen Frage auf welcher Seite wir als pädagogisch Handelnde stehen, werden in diesem Modul einige von Antonio Gramscis Grundbegriffen und Konzepten schlaglichtartig eingeführt. Dadurch lässt sich zum einen verstehen, inwiefern die eigene Position in dominante Narrative der Gesellschaft eingebunden ist und inwiefern diese letztlich Einfluss auf die pädagogische Arbeit in der (Berufs)schule nimmt. Zum anderen kann untersucht werden, welche Spannungsverhältnisse sich daraus ergeben.
Im Kontext dessen schauen wir uns zunächst folgendes sehr bekanntes Zitat von Antonio Gramsci genauer an: „Jedes Verhältnis von Hegemonie ist notwendigerweise ein pädagogisches Verhältnis“ (Gramsci, 1994, S. 1335).
So stellt Gramsci heraus, dass Machtverhältnisse nicht einfach so sind wie sie sind, sondern in Teilen bewusst aber grundsätzlich auch unbewusst hergestellt und vor allem er- und gelernt werden. Der Bereich der Bildung ist im Sinne der Herstellung von gesellschaftlichen Machtverhältnissen insofern essenziell, da diese in und durch Bildung hergestellt und verinnerlicht werden. Diese Aussage erhält zudem besondere Relevanz, wenn Gramsci mit dem Begriff der Hegemonie das Führen und Geführt-Werden beschreibt, dass sich nicht durch Herrschaft und Zwang durchsetzt, sondern durch die Gewinnung von Konsens und Zustimmung. Konsens und Zustimmung erlernen wir auf der Ebene der Zivilgesellschaft. Zur Zivilgesellschaft zählt Gramsci neben der Schule auch Vereine, kulturelle Tätigkeiten und Institutionen, die Kirche, die Familie, und Ähnliches. In der Schule und innerhalb von Alltagssituationen werden Meinungen, Haltungen, Verhältnisse und bestimmte Wissensbestände wiederholt eingeübt, welchevon uns in der Folge ‚normal‘ beziehungsweise ‚neutral‘ erscheinen. Wissen kann aber weder neutral noch machtfrei sein, da es in und durch spezifische Verhältnisse erst hergestellt und vermittelt wird und sehr eng mit Macht- und Herrschaftsverhältnissen verzahnt und verwoben ist.
Die Zivilgesellschaft ist nach Gramsci neben dem Staat im engeren Sinne (Parlament, staatliche Institutionen) der Ort, in dem ausgehandelt wird, was als Wissen selbstverständlich ist und als unhinterfragbar gilt. Auf der Ebene der Zivilgesellschaft stellt sich also der Konsens her, der das Führen und Geführt-Werden (und damit eine bestimmte Hegemonie) ermöglicht. Wenn wir in der Schule als Lehrkräfte pädagogisch sprechen und handeln – sprich Wissen (re)produzieren und vermitteln – so ist dies immer schon Teil von verinnerlichten Werten, Normen und Machtverhältnissen, welchesie im Verlauf ihres eigenen Lebens erlernt haben und auf diese oder jene Art, meist sehr subtil – weil eben so stark eingeübt und für selbstverständlich gehalten – weitervermitteln (vgl. Gramsi, 1996).
Es gibt daher keine ‚neutralen` Positionen, auch nicht für Lehrpersonen. Diese sind vielmehr davon abhängig, was gesellschaftlich gerade als ‚Normalität‘ und ‚Abweichung von der Normalität‘ konstruiert wird. Hinzu kommt, dass Lehrkräfte selbst in ihrer ganz spezifischen Positionalität in gesellschaftliche Verhältnisse eingebunden und involviert sind. Es macht einen Unterschied, ob ich mit zahlreichen Privilegien ausgestattet bin und somit vermutlich auch weniger Ungleichheiten im Alltag sehe oder (mehrfach) selbst von Diskriminierung und Ausschluss betroffen bin. Da Diskriminierung und Ausschluss nicht einfach so da sind, wie sie sind, sondern die entsprechenden Normalitäts- beziehungsweise ordnenden Differenzlinien immer wieder neu hergestellt werden, müssen Lehrkräfte sich dazu immer wieder neu positionieren.
Es ist nicht nur möglich, Erlerntes unhinterfragt zu reproduzieren. Wenn sich durch Lehren und Lernen Hegemonie sichern lässt, also Konsens und Zustimmung erlernt werden, dann ist es auch möglich im Lernraum andere Wissensformen, andere gesellschaftliche Verhältnisse und Ordnungsstrukturen herzustellen und zu erlernen. So können Machtverhältnisse im Raum Schule auch verändert werden, wenn wir diesen nicht nur als Ort der Herstellung und Sicherung von Macht begreifen, sondern auch als einen Ort, an dem Verhältnisse verhandelt und damit auch verändert werden können (vgl. Mayo, 1999).
Es geht schließlich darum, im Klassenraum demokratische Verhältnisse so herstellen zu können, dass nicht dieses oder jenes Wissen als mehr oder weniger neutral gilt, dass gesellschaftliche Ordnungsverhältnisse nicht als selbstverständlich begriffen werden, sondern befragt und in Frage gestellt werden, so dass Schüler*innen sich ihre eigene Meinung bilden können und unterscheiden lernen zwischen dem, was hegemonial als selbstverständlich gilt und was nicht und vor allem auch alternative Denk- und Handlungsoptionen für sich erkennen und erarbeiten können.
Die aus der Involviertheit folgende Unmöglichkeit, neutral pädagogisch zu handeln und sich gleichzeitig soweit zurückzunehmen, dass Schüler*innen lernen, sich selbst zu reflektieren, sich bewusst in ihren gesellschaftlichen (Macht)Verhältnissen zu positionieren und die Möglichkeit erhalten, eine eigene Meinung und Haltung zu entwickeln, ist spannungsreich und nicht ohne Widersprüche zu vollziehen.
Für dieses schwierige Unterfangen wurde 1976 u.a. der „Beutelsbacher Konsens“ ausgehandelt, an dem sich Lehrer*innen seitdem orientieren und bis heute orientieren können. Er formuliert folgende drei Grundsätze: 1. das Überwältigungsverbot, 2. das Kontroversitätsgebot und 3. die Schüler*innenorientierung.
„Der Beutelsbacher Konsens ist das Ergebnis einer Tagung, die 1976 von der Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Wüttemberg abgehalten wurde. Damals kamen die führenden Politikdidaktiker der Länder zusammen, um sich nach heftigen Streitereien über den Kurs der politischen Bildung auf drei Grundsätze zu einigen: das Überwältigungsverbot, das Kontroversitätsgebot und die Schülerorientierung. Obwohl nie vertraglich festgelegt, wurde der Konsens zum Leitprinzip des politischen Unterrichts an den Schulen. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung bezeichnet die obersten Werte der Demokratie in Deutschland. Sie wurde 1952 vom Bundesverfassungsgericht präzisiert und umfasst die Rechtsstaatlichkeit, die Menschenwürde und das Demokratieprinzip. Ziele, die sich gegen diese Grundordnung richten, gelten als verfassungsfeindlich.“ (Knuth 2018)
Der erste Grundsatz kann mit dem Stichwort Indoktrinationsverbot umschrieben werden: Niemand darf im Rahmen eines Bildungsprozesses zur Übernahme von bestimmten Überzeugungen gedrängt oder gar gezwungen werden. Dieser Punkt ist stark werthaltig und hat einen direkten Bezug zu Art. 1 des Grundgesetzes. Der zweite Leitsatz, das Kontroversitätsgebot, ist mit dem ersten Grundsatz verbunden: Da wo unterschiedliche Standpunkte nicht formuliert werden dürfen und Alternativen ungesagt bleiben müssen, kann Indoktrination ihren Anfang nehmen. Alles, was in Politik und Gesellschaft kontrovers ist, muss auch kontrovers in das Lerngeschehen eingebracht werden. Mit diesem Grundsatz ist der Respekt gegenüber anderen Meinungen offenkundig. Die Werte Toleranz und Rücksichtnahme werden gefördert, wenn Kontroversen fair ausgetragen werden. Und nur so ist auch die eigenständige politische Urteilsbildung möglich. Der dritte Grundsatz handelt von der Interessenlage der Schüler*innen. Sie haben einen Anspruch darauf, dass ihre Interessen im Bildungsprozess eine Rolle spielen und dass sie sich Fähigkeiten erarbeiten, ihre Interessenlage in die demokratische Willensbildung einzubringen. Damit sind sie eindeutig Subjekt und nicht Objekt von Bildungsvorgängen.
Sybille Reinhardt, emeritierte Professorin für Didaktik an der Universität Halle erläutert dazu, dass es für Lehrkräfte ein ständiges Abwägen zwischen Positionierung und Zurückhaltung darstellt, wenn sie in pädagogischen Situationen (sprech)handeln: „Der (Beutelsbacher) Konsens ist ein Maßstab, an dem sich Lehrer*innen orientieren sollen, aber kein juristischer Rahmen. Wer gegen ihn verstößt, verstößt also nicht gegen das Gesetz“ erläutert Reinhardt in einem Interview mit der ZEIT (Knuth, 2018). Der Beutelsbacher Konsens ist zudem nicht die einzige Basis, auf die sich Lehrer*innen in konkreten heiklen Situationen berufen können.
Als Lehrkräfte und Bürger*innen der Bundesrepublik Deutschlands sind sie zudem verpflichtet sich für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzusetzen. Einschüchterungsversuche von Lehrkräften, wie sie u.a. von der AfD[1] vollzogen werden, widersprechen in ihrer Art und Weise bereits der demokratischen Grundordnung, werden aber als diese nicht transparent gemacht und entfalten so machtvolle Wirkungen auf gesamtgesellschaftlicher Ebene und üben Druck auf Lehrkräfte aus. So richtete die AfD 2018 Meldeportale namens „Neutrale Schule“ (vgl. Hübner, Hanna 2018) im Netz ein und rief Schüler*innen und Eltern dazu auf, Lehrer*innen „zu melden“, die sich ihrer Sicht nach zu ‚politisch‘ einbringen würden. Eine Partei, die die Grenzen des öffentlich Sagbaren immer weiter ausdehnt, ruft hier zu Stimmungsmache gegen Lehrkräfte auf, die angeblich nicht neutral genug handeln würden. So verkehrt die AfD auf dem bildungspolitischen Feld ihr eigenes Programm: Ihr Argument der grenzenlosen Redefreiheit soll ausgerechnet in deutschen Klassenzimmern beschränkt werden (vgl. Hübner, 2018). Zur Positionierung von Lehrkräften gegenüber rassistischen Äußerungen von Schüler*innen plädiert Cremer (2019) auf der Folie einer juristischen Analyse der Menschen- und Grundrechte, sowie in Bezug auf den Schutz vor Diskriminierung dafür, dass Lehrer*innen trotz des Rechts auf freie Meinungsäußerung in Situationen einschreiten müssen, in denen rassistische Äußerungen bekundet werden. Eine kontroverse Situation wie sie sich u.a. durch extreme Meinungsäußerungen von Schüler*innen im Klassenraum ereignet, dürfe laut Cremer niemals so enden, „dass sie den Schutz der Menschenwürde und den damit einhergehenden Grundsatz der Gleichheit der Menschen in Frage stell[en]. Denn es handelt sich hierbei um nicht verhandelbare Grundsätze des Grundgesetzes. […] Rassistische Äußerungen, die andere Menschen herabwürdigen, beziehungsweise persönlich verletzen, sind nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, entsprechende Grenzen spiegeln sich im Strafrecht wider, etwa im Tatbestand der Beleidigung (§ 185 StGB oder der Volksverhetzung §130 StGB)“ (Cremer, 2019, S. 22). Als Konsequenz daraus, sind Lehrer*innen dazu verpflichtet in diesen Situationen nicht zu schweigen, sondern einzuschreiten und diskriminierende Äußerungen nicht stehen zu lassen, die sich gegen die Menschenwürde und das Verbot der Diskriminierung als zentrale grund- und menschenrechtliche Prinzipien richten (vgl. Cremer, 2019, S. 22).
Die Lehramtsstudierende Hannah Hübner hat in einem längeren ZEIT-Artikel die Herausforderungen und Schwierigkeiten beschrieben, die sich ihr und ihren Kommiliton*innen stellen, wenn Sie sich unlauteren und antidemokratischen Mechanismen entgegenstellen und diese sichtbar machen (vgl. Hübner, 2018). Hübner betont, dass (zukünftige) Lehrkräfte diese Situationen und Mechanismen nicht einfach passiv über sich ergehen lassen dürfen und pädagogisch in Verantwortung gehen müssen: „Schule ist die zentrale Institution, die Kinder und Jugendliche auf das Leben vorbereitet. In Deutschland bedeutet das: auf das Leben in einer Demokratie. Das ist ein eindeutig wertbezogener Bildungsauftrag – und das Gegenteil von neutral. Lehrkräfte müssen die demokratischen Werte des Grundgesetzes vermitteln, also etwa Menschenwürde oder die Gleichberechtigung aller unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion“ (Hübner, 2018).
Es geht dann auch darum, zu verstehen und sichtbar zu machen, wer von welcher Position aus spricht, welches Wissen wie produziert wurde und wird und als selbstverständlich und unhinterfragbar gilt. Lehrkräfte sind dazu aufgerufen, die verschiedenen Positionen und, Differenzen und damit einhergehend die ökonomischen Bedingungen und diskursiv hergestellten Normhorizonte miteinzubeziehen, wenn sie im Klassenraum und darüber hinaus als pädagogisch Handelnde tätig sind. Immer im Wissen darum, dass sie nicht neutral handeln können und insofern jeweils in verschiedenen Anteilen die hegemonialen Verhältnisse, in die sie eingewoben sind, reproduzieren und verfestigen oder eben hinterfragen und problematisieren. Hegemonial hergestellte Differenzen, wie sie durch diskursive Praktiken entlang verschiedener Differenzlinien wie Geschlecht, Herkunft oder Religion hergestellt und abgesichert werden, sind nicht einfach so wie sie sind und müssen im Hinblick auf demokratische Verhältnisse hinterfragt und problematisiert werden.
Diskursiv und durch Konsens und Zustimmung eingeführte Differenzordnungen sind eng verwoben mit herrschaftlich hergestellten und verstetigten ökonomischen Verhältnissen. Je nachdem welche Position uns gesellschaftlich zugesprochen wird, welche Zugänge und Ressourcen uns zur Verfügung stehen, können wir uns mehr oder weniger in den öffentlichen Diskurs einbringen und werden mehr oder weniger gehört. Sprecher*innenpositionen sind eng mit den jeweils gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen verzahnt und ermöglichen bestimmten Positionen in der Gesellschaft mehr oder weniger und in manchen Fällen auch gar nicht, ihre eigene Position zu artikulieren, sich einzubringen, die eigene Meinung und vor allem auch die eigenen Rechte zu vertreten, sich in den hegemonialen Diskurs einzubringen und diesen zu verhandeln. So ist das Sprechen aus der Position einer Lehrkraft, die weiß[2], deutsch und geschlechtlich eindeutig gelesen wird und mit entsprechenden Kompetenzen und ausreichend ökonomischem, symbolischem, sozialem und kulturellem Kapital ausgestattet ist (vgl. Bourdieu, 1982) ein anderes als das von einer Person, die weder die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt noch deutsch im bildungssprachlichen Register spricht.
Im Klassenraum sind diese Sprecher*innenverhältnisse, wie sie auf der gesellschaftlichen Ebene eingeführt werden, äquivalent vertreten. Demnach sollten sich (Berufs)schullehrkräfte ihrer eigenen Positionierung bewusst sein und diese in ihrem Sprechhandeln miteinbeziehen, um angemessen Ausschlüssen entgegen zu treten und Ungleichheitsverhältnisse zu vermindern. Mit dem Ziel, die Verhältnisse, in denen wir leben, lehren und lernen, demokratischer zu gestalten, müssen wir uns als Lehrkräfte in jeder Situation fragen: „Auf welcher Seite stehen wir, wenn wir erziehen und unterrichten, wenn wir handeln?“ (Mayo, 2006, S. 20).
[1] Mehr zu Strategien der (neuen) Rechten finde Sie in der Lerneinheit: Modul 17: Rechtsextremismus und Radikalisierung.
[2] Weiß ist eine Unterscheidung auf Grundlage des Konstrukts von race. Auch wenn sich diese phänotypischen Differenzierungs- und Machtmerkmale jeder wissenschaftlichen Grundlege entbehren, sind sie dennoch wirkmächtig. Um dies zu verdeutlichen, wird dieser Begriff hier kursiv geschrieben und damit seine Konstruiertheit betont.
Bitte skizzieren Sie gemeinsam ein Beispiel (etwas, dass Sie erlebt oder gelesen haben), anhand dessen die Unmöglichkeit neutraler Wissensvermittlung sichtbar wird. Beziehen Sie hierbei Inhalte, die in diesem Modultext zu dem Thema Erwähnung finden, bitte mit ein. Erörtern Sie ihr Beispiel in einem Fließtext.
Am Ende dieser Aufgabe finde Sie einen Link zur Zeichnung der Power Flower, die als Methode aus der diskrimierungskritischen Pädagogik/dem Anti-Bias Ansatz häufig genutzt wird, um die eigene Positionierung im Kontext gesellschaftlicher Macht- und Herrschaftsverhältnisse zu reflektieren. Die inneren Blütenblätter gelten gesellschaftlich tendenziell als privilegiert, die äußeren als deprivilegiert. Drucken Sie sich gerne das verlinkte Bild der Power Flower aus und markieren bitte für sich die Felder eines jeden Blütenblatts, denen sie sich zugehörig fühlen.
Schreiben Sie Ihre Gedanken und Fragen, die Ihnen beim Ausfüllen der PowerFlower gekommen sind gerne auf.
Powerflower nach Anti-Bias-Werkstatt siehe Dokument Seite 5:
https://www.mangoes-and-bullets.org/wp-content/uploads/2015/02/8i-Power-Flower.pdf
a) Formulieren Sie eigene Überlegungen zu folgenden Fragen:
In welchen Dilemmata bewegen Sie sich als zukünftige pädagogische Fachkraft? Welche Impulse haben Sie durch die Seminarthemen mitnehmen können?
b) Hören Sie sich diesen Podcast auf Spotify an: Alles für Alle – Dilemmatta navigieren Folge #10 und Folge #11.
Was denken Sie, wie kann mit den Dilemmata, die die Dissensgruppe in ihrem Podcast aufwirft, gut umgegangen werden? Teilen Sie ihre wichtigsten Überlegungen.
- Bourdieu, Pierre (1982). Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. (französisch 1979). Frankfurt am Main: Suhrkamp.
- Cremer, Hendrik. (2019). Das Neutralitätsgebot in der Bildung: Neutral gegenüber rassistischen und rechtsextremen Positionen von Parteien? Analyse. Berlin: Deutsches Institut für Menschenrechte.
- Gramsci, Antonio (1994): Gefängnishefte, Kritische Gesamtausgabe, Band 6. Hamburg: Argument.
- Hübner, Hanna. (2018). Wäre ich neutral, würde ich meinen Job nicht gut machen. Online – ZEIT Campus: https://www.zeit.de/campus/2019-12/neutralitaet-schulen-politik-lehrer-parteien [letzter Zugriff: am 05.07.2021 ].
- Knuth, Hannah (2018). Dürfen Lehrer ihre Meinung sagen? Zeit online: https://www.zeit.de/2018/26/afd-lehrer-neutralitaetsgebot-beschwerde. [letzter Zugriff: am 05.o1.2021 ].
- Mayo, Peter (2006). Politische Bildung bei Antonio Gramsci und Paulo Freire. Perspektiven einer verändernden Praxis. Hamburg: Argument.
- Heinemann, Alisha M.B., Mecheril, Paul. (2018). (Schulische) Bildung, normative Referenzen und reflexive Professionalität. In: Dirim, İnci; Mecheril, Paul. u.a. (Hg.): Heterogenität, Sprache(n), Bildung Die Schule der Migrationsgesellschaft. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.
- Mecheril, Paul (2013). Kompetenzlosigkeitskompetenz. Pädagogisches Handeln unter Einwanderungsbedingungen. In: Auernheimer, Georg (Hg.): Interkulturelle Kompetenz und pädagogische Professionalität. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
- Messerschmidt, Astrid (2016). Involviert in Machtverhältnisse. In: Doğmuş, Aysun; Karakaşoğlu, Yasemin; Mecheril, Paul (Hg.): Pädagogisches Können in der Migrationsgesellschaft. Wiesbaden: Springer
- Sutter, Ove (2016). Alltagsverstand: zu einem hegemonietheoretischen Verständnis alltäglicher Sichtweisen und Deutungen. Österreichische Zeitschrift für Volkskunde / hrsg. vom Verein für Volkskunde in Wien, 119(1/2), 41-70.
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